Mit Simulation zur
optimierten Realwelt
Etwa 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf Gebäude zurück. Ihren Betrieb klimafreundlicher zu machen, haben sich Yannick Renaud und sein Team Nachhaltigkeit & Simulation bei TÜV SÜD in Hamburg vorgenommen. Sie nutzen dafür „Digital Twins“, virtuelle Gebäudenachbauten, an denen reale Eigenschaften simuliert und optimiert werden können.
Herr Renaud, erklären Sie bitte, was ein „Digital Twin“ ist.
Renaud Ganz allgemein gesprochen ist ein „Digital Twin“ ein virtuelles Modell, das Objekte oder Prozesse in unterschiedlicher Detailtiefe widerspiegelt. Ein sehr häufiges Einsatzgebiet sind virtuelle Gebäude. Dabei werden bestehende oder geplante Bauten digital erstellt oder nachgebildet – mit dem Ziel, daraus Erkenntnisse für die echten Gebäude abzuleiten. So ermitteln wir für unsere Kunden völlig transparent nachhaltige Optimierungspotenziale. „Digital Twins“ liegen auch dem BIM – Building Information Modeling – zugrunde, einer digitalen Methode zum Planen und Bauen von Gebäuden, die zunehmend zum Einsatz kommt.
Seit 2017 arbeitet Yannick Renaud bei TÜV SÜD als Projektingenieur für Simulation und Energietechnik im Immobilienbereich.
Der Spezialist für Strömungssimulation hat mehrere Hundert Meter hohe Wolkenkratzer genauso analysiert wie Frischluftschneisen großer Wohnquartiere.
Seit 2021 leitet er den Bereich Nachhaltigkeit & Simulation der TÜV SÜD-Tochtergesellschaft TÜV SÜD Advimo.
Das klingt sehr theoretisch: Was genau können Sie mit einem „Digital Twin“ für Ihre Kunden leisten?
Renaud Zwei konkrete Anwendungsbereiche für die digitalen Gebäudezwillinge sind energetische und bauphysikalische Beratungen. In unserem Team sind wir auf thermische Simulationen und Strömungssimulationen spezialisiert. Am Computer können wir dabei beliebig die Rahmenbedingungen verändern und damit beispielsweise simulieren, wie ein Heizsystem dimensioniert werden muss oder wie die Belüftung von Gebäuden besser funktioniert. Hier konnten wir beispielsweise während der Pandemie unterstützen und die Luftqualität in Räumen bestimmen. Unsere Arbeit ist damit insgesamt ein Beitrag zu effizienteren Gebäuden – und damit zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit –, aber auch zu Räumlichkeiten, in denen sich Menschen wohlfühlen.
Spielen Gebäudegröße oder -art eine Rolle?
Renaud Nein, die Technologie kann sektorenübergreifend zum Einsatz kommen, zum Beispiel auch bei Industrieanlagen. Auch Maßstabsgrößen spielen keine Rolle, wir können mikrometergenau simulieren oder aber auch ganze Stadtquartiere abbilden.
Verlassen wir uns zukünftig also eher auf virtuelle Welten als auf reale Erfahrungen?
Renaud Nein, gerade unsere echte Expertise hilft uns, valide „Digital Twins“ aufzubauen. Wir bei TÜV SÜD blicken auf mehr als 150 Jahre Know-how zurück. Das heißt, wir wissen sehr genau, wie reale Gebäude oder Industrieanlagen funktionieren. Unsere Stärke liegt daher im Verschmelzen der beiden Welten und im Zusammenführen der Erfahrungen aus der realen und der digitalen Welt. Wir tragen damit entscheidend zu mehr Nachhaltigkeit von Gebäuden bei, indem wir die Anlagen richtig dimensionieren und die Energieeffizienz optimieren.